Neues Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel ab 2022
Die Zuständigkeiten bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln werden neu auf verschiedene Bundesstellen verteilt. Die Hoffnung ist gross, dass damit das aktuell schleppende Bewilligungsverfahren effizienter wird und Landwirte auch in der Schweiz von neuen, verbesserten Wirkstoffen profitieren können.
Die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels erfolgt in der Schweiz in aufwändigen Verfahren, die den Schutz der Anwender und Konsumenten, aber auch der Umwelt und der Nutzpflanzen zum Ziel haben. Dabei sind mehrere Bundesstellen beteiligt.
Für die Zulassung selber war bisher das Bundesamt für Landwirtschaft BLW verantwortlich. Dabei stützt es sich auf die wissenschaftliche Risikobeurteilung der Gesuche durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO und die Forschungsanstalt Agroscope ab. Das Bundesamt für Umwelt BAFU trägt die ökotoxikologische Einstufung der Produkte bei, und ist auch bei der Genehmigung neuer Wirkstoffe beteiligt.
Ein im Jahr 2019 vorgelegter Bericht im Auftrag der Bundesämter zeigte allerdings Verbesserungspotential des Verfahrens. Weil die Zulassungsstelle beim BLW angesiedelt ist, fehle ihr an formeller Unabhängigkeit, was das Vertrauen in die Entscheidungen einschränken könnte. Aufgrund des Berichts wurden die Abläufe und die Aufgabenverteilung überprüft, und Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet.
Der Bundesrat hat jetzt entschieden, das Zulassungsverfahren ab 2022 neu zu organisieren. Die Zulassungsstelle wird dem BLV angegliedert. Dadurch wird die Risikobeurteilung stärker vom Risikomanagement und der Zulassung getrennt, und die Unabhängigkeit der Institutionen gestärkt. Das BAFU trägt in Zukunft die Hauptverantwortung bei der Risikobeurteilung von Pflanzenschutzmitteln für die Umwelt. Die landwirtschaftlichen Aspekte im Zusammenhang mit dem nachhaltigen Schutz der Kulturen gegen Krankheiten und Schädlinge werden weiterhin durch das BLW beurteilt. Ausserdem wird der gemeinsame Steuerungsausschuss der Bundesämter künftig eine wichtigere Rolle spielen. Durch diese Neuorganisation soll die strategische Führung verbessert, die Transparenz gesteigert und die Unabhängigkeit der Zulassungsorgane gestärkt werden.
Reform des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel und Effizienzsteigerungen gefordert
Die in der Industriegruppe Agrar zusammengeschlossenen Hersteller von Pflanzenschutzmitteln betonen, dass unabhängig von der Organisation des Zulassungsverfahrens dringend dessen Effizienz gesteigert werden muss. Im internationalen Vergleich ist das Schweizer Zulassungsverfahren schon seit Jahren sehr langsam. Seit zwei Jahren erfolgen kaum noch Neuzulassungen von Pflanzenschutz-Produkten, so dass sich ein grosser Rückstau von Anträgen gebildet hat. Dabei sind neue Wirkstoffe in der Regel spezifischer, wirksamer und umweltverträglicher. Gleichzeitig verschwinden ältere Produkte zunehmend vom Markt. Unter dem Strich bedeutet das einen kritischen Rückgang der zur Verfügung stehenden Produkte für einen wirksamen Schutz der Kulturen. Die Palette an Wirkstoffen in der Schweiz wird so gefährlich ausgedünnt, was sich auch nachteilig auf das Resistenzmanagement auswirkt.
Die Agrar-Unternehmen halten daher eine Reform des Zulassungssystems für Pflanzenschutzmittel in der Schweiz für dringend erforderlich. Nur so können Innovationen schnell den Weg zum Markt finden, um ihre positive Wirkung für die Gesellschaft entfalten zu können. Dazu braucht es einen effizienten, wissenschaftsbasierten Zulassungsprozess mit klaren Fristen und innovationsfreundlichen Rahmenbedingungen. Den vom Bundesrat eingeschlagenen Weg einer Übernahme der EU-Beurteilungsergebnisse halten die Unternehmen für richtig, die sinnvolle Harmonisierung der Zulassungsprozesse solle daher mit hoher Priorität weiterverfolgt werden. Ein effizientes und qualitativ hochstehendes Verfahren und sachgerechte Zulassungsentscheide würden einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Landwirten wieder einen vollständigen Werkzeugkasten für den Pflanzenschutz zur Verfügung zu stellen. Damit kann der Anbau regionaler, gesunder und preislich erschwinglicher Nahrungsmittel in der Schweiz auch weiterhin unterstützt werden.
Weitere Informationen
- Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel wird verbessert, Medienmitteilung Bundesrat, 17.02.2021
- Pflanzenschutzmittel: BLV erteilt neu Zulassung, Schweizer Bauer, 17.02.2021
- Reform des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel: Die Industrie erwartet nun effiziente, wissenschaftsbasierte Prozesse, Medienmitteilung Industriegruppe Agrar, 18.02.2021
- Zulassung Pflanzenschutzmittel, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV
- Bericht zur Evaluation des Zulassungsverfahrens von Pflanzenschutzmitteln, KPMG (im Auftrag des Steuerungsausschusses Chemikalien und Pflanzenschutzmittel: BAFU, BLW, BLV, BAG, SECO), November 2019