Innovationen im Pflanzenschutz: Wirkstoff- Entwicklung wird immer aufwändiger und teurer
Bis ein neues Pflanzenschutzmittel den Markt erreicht, investieren Unternehmen im Durchschnitt 301 Millionen US$. Die Anforderungen für die Produkt-Zulassung steigen auch aufgrund immer strengerer Umwelt-Auflagen.
Eine neue Studie, basierend auf den Zahlen der führenden Pflanzenschutz-Unternehmen BASF, Bayer, Corteva, FMC und Syngenta, gibt einen Einblick in den enormen Aufwand, der erforderlich ist um einen neuen Wirkstoff auf dem Markt zu bringen. Die Kosten umfassen die Arbeiten um eine neue aktive Substanz zu identifizieren, sie für die Anwendung zu optimieren, alle für die Zulassung erforderlichen Daten zu sammeln, und sie schliesslich erfolgreich durch das Zulassungs-Verfahren zu begleiten. Die Studie wurde von dem Marktforschungs-Unternehmen AgbioInvestor im Auftrag des Verbands CropLife International erstellt, und vergleicht die Entwicklung über 25 Jahre (1995 – 2014/19).
In dem Zeitraum von 1995-2014/19 sind die durchschnittlichen Gesamt- Kosten um 98% gestiegen; von 152 Mio. US$ auf 301 Mio. US$ pro Wirkstoff. Mehr als 40% der Kosten entfallen auf die Forschungsphase. Dabei wird es immer aufwändiger, vielversprechende Kandidaten als Basis für ein neues Produkt zu identifizieren. Während 1995 durchschnittlich 52’500 Substanzen getestet wurden um schliesslich einen neuen, zugelassenen Wirkstoff zu entwickeln, mussten 2010/14 dafür bereits 159’754 Substanzen geprüft werden. In der Forschungs-Phase müssen nicht nur Informationen zur potenziellen Wirksamkeit einer Substanz, sondern auch zu ihrer Umweltverträglichkeit und zu gesundheitlichen Auswirkungen gesammelt werden, um die Entscheidung für die teure Weiterentwicklung zu einem Pflanzenschutzmittel zu fällen.
In der Entwicklungs-Phase werden der Kandidaten –Wirkstoff und die Rezeptur weiter verbessert, umfangreiche toxikologische Abklärungen vorgenommen, und das chemische Verhalten des Wirkstoffes im der Umwelt incl. seines Abbaus untersucht. Den grössten einzelnen Kostenblock in der Entwicklungsphase, mit einem durchschnittlichem Aufwand von 64 Mio. US$ für einen einzelnen neuen Wirkstoff, stellen chemische Synthesen und Formulierungen der Testsubstanzen dar. Der nächstgrösste Kostenfaktor, 58 Mio. US$, sind Feldversuche. Diese dienen nicht nur dazu, die Wirksamkeit des Produktes zu optimieren, sondern auch dazu, viele der für die Registrierung erforderlichen Umwelt-Daten zu gewinnen. Für die Zulassung selbst fallen dann noch einmal Kosten von durchschnittlich 42Mio. US$ an, mehr als drei Mal soviel wie im Jahr 1995, zum grössten Teil für die Vorbereitung des umfangreichen Registrierungs-Dossiers für die Zulassungs-Behörden.
Auch aufgrund der ständig strenger werdenden Zulassungs- Anforderungen, speziell im Bereich Umwelt-Verträglichkeit, ist die Zeitdauer von der ersten Synthese eines neuen Wirkstoffs bis zu seiner Markteinführung von 8.3 Jahren (1995) auf mittlerweile 12.3 Jahre (2014/19) gestiegen. Zugleich nimmt die Anzahl der jährlich neu am Markt eingeführten innovativen Wirkstoffe ab. Während um 1995 noch durchschnittlich 16 neue Wirkstoffe jährlich auf den Markt kamen, fanden zwischen 2016 und 2020 nur noch etwa fünf neue Substanzen pro Jahr ihren Weg auf die Felder der Landwirte. Aufgrund der langen Entwicklungsdauer und der grossen damit verknüpften Investitionen sind verlässliche und vorhersehbare regulatorische Rahmenbedingungen von grosser Bedeutung für die Unternehmen. Die Herausforderung, für die Landwirte eine ausreichend breite Wirkstoff-Palette für einen wirksamen und umweltverträglichen Pflanzenschutz bereitzustellen, wächst.
Weitere Informationen:
- Time and Cost of New Agrochemical Product Discovery, Development and Registration (1995 – 2014/19), AgbioInvestor, Februar 2024
Thomas C. Sparks & Robert J. Bryant 2021, Crop protection compounds – trends and perspective, Pest Mangement Science 77(8):3608-3616 - The Cost of New Agrochemical Product Discovery, Development and Registration 1995 to 2014, Phillips McDougall, März 2016