Fragen und Antworten: Pflanzenschutz und Gesellschaft

Q+A

Sind Pflanzenschutzmittel sicher für den Menschen?

Pflanzenschutzmittel zählen zu den am besten geprüften, chemischen Stoffen überhaupt. Die Entwicklung eines Pflanzenschutzmittels ist sehr zeit- und kostenintensiv: Entwicklungskosten von gegen 250 Millionen Schweizer Franken pro Wirkstoff sind die Regel und damit durchaus vergleichbar mit der Entwicklung eines Medikaments für die Humanmedizin. Der Prozess von der Entdeckung eines potenziell wirksamen Moleküls bis hin zur Vermarktung eines Produkts dauert zwischen 8 und 10 Jahren. Ausgehend von rund 100‘000 möglichen Substanzen wird durch unzählige Versuche im Labor und rund 25‘000 Feldversuche ein einziger Wirkstoff bis zur Marktreife entwickelt. Fragen zur Toxikologie für den Menschen, aber auch für Tiere und Umwelt werden in jeder Entwicklungsstufe adressiert und die dafür aufgewendeten Kosten machen mit rund einem Viertel der Totalaufwendungen (ca. CHF 70 Millionen) einen substanziellen Anteil aus. Pflanzenschutzmittel tragen dazu bei, die Sicherheit unserer Lebensmittel zu erhöhen, indem sie etwa krebserregende Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) in Getreiden oder für den Menschen giftige Unkräuter kontrollieren. Pflanzenschutzmittel leisten zudem einen wichtigen Beitrag zur besseren Konservierung unserer Nahrungsmittel.

 

Wer prüft, ob Pflanzenschutzmittel sicher für den Menschen sind?

Pflanzenschutzmittel werden vor ihrer Inverkehrsetzung von unabhängigen, staatlichen Behörden auf ihre Toxizität und Anwendungsmöglichkeiten geprüft. Diese Prüfung erfolgt anhand von Kriterien, die durch die Behörden definiert werden. Erst wenn das antragstellende Unternehmen sämtliche erforderten Nachweise bezüglich Sicherheit des Wirkstoffes erbracht hat, wird der Wirkstoff für spezifische Anwendungen auf definierten Kulturen registriert. Nach der Markteinführung wird jeder Wirkstoff vom Anbieter wissenschaftlich begleitet, so dass weitere Informationen gesammelt werden können. Regelmässig führen die staatlichen Behörden zusätzlich Neubewertungen aller Wirkstoffe durch, so dass laufend neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die Beurteilung für die Bewilligungserteilung zum Einsatz von Pflanzenschutzmittel einfliessen. All diese Massnahmen tragen dazu bei, dass der fachgerechte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sicher erfolgt und keine negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt auftreten.

 

Wieso können wir nicht einfach gänzlich auf Chemie verzichten und Biolandbau betreiben?

Der Biolandbau erzielt seit mehreren Jahrzehnten wesentlich geringere Ernteerträge je Hektar als der konventionelle Anbau. Gemäss Berechnungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sichern Pflanzenschutzmittel bis zu 40% der Ernteerträge weltweit. Dieser Ertragsunterschied blieb über Zeit stabil, so dass die heutige Weltbevölkerung mit den Methoden des biologischen Anbaus nicht ausreichend mit qualitativ hochwertiger Nahrung versorgt werden könnte. Eine Totalumstellung auf Biolandbau in der Schweiz würde zudem gemäss einer Modellrechnung von Agroscope aus dem Jahr 2013 neben höheren Lebensmittelkosten für die Konsumenten eine merkliche Verringerung der Selbstversorgungsquote und damit eine erhöhte Importabhängigkeit für Lebensmittel bedeuten.

 

Gefährden Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln unsere Gesundheit?

Die Schweizer Behörden legen aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse Grenzwerte für Rückstände in Lebensmittel fest, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Diese Grenzwerte zählen im internationalen Vergleich zu den restriktivsten. Die Behörden prüfen regelmässig, dass diese Grenzwerte eingehalten werden. Dank der technologischen Entwicklung ist es heute möglich, Lebensmittel sehr präzis auf Inhaltsstoffe zu untersuchen. Damit können Rückstände von einer Menge von 0.001mg auf einer Substanz von 1kg nachgewiesen werden – dies entspricht der Dauer 1 Sekunde in 32 Jahren! Daher erstaunt es nicht, dass regelmässig geringe Rückstandsmengen, die praktisch ausnahmslos klar unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte liegen, nachgewiesen werden.

 

Es wird behauptet, Pflanzenschutzmittel verursachen ein Bienensterben – stimmt das?

Wissenschafter aus der ganzen Welt vertreten die Ansicht, dass eine Verschlechterung der Bienengesundheit das Resultat eines Zusammenspiels mehrerer Faktoren sein muss. Die wissenschaftliche Forschung hat dabei keinen einzelnen Faktor als Ursache identifiziert, sondern macht vielmehr eine Kombination von Gründen für den Rückgang der Bienenpopulationen verantwortlich. Zu den Ursachen zählen etwa Viren, Parasiten und Milben, die die Bienenstöcke mit Krankheiten infizieren und damit schwächen, eine ungenügende Ernährungsgrundlage über die gesamte Saison, der Verlust natürlicher Lebensräume, veränderte Klimabedingungen sowie in einigen Fällen die unsachgemässe Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder die nachlässige Haltung durch die Bienenzüchter. Die mangelnde Ausbildung der – häufig – Hobby-Imker ist auch auf dem Radar der Bundesbehörden: Der Bundesrat hat im genannten Aktionsplan derzeit auf eine Verpflichtung der Imkerinnen und Imker zur Aus- und Weiterbildung abgesehen, da der Bienengesundheitsdienst (BGD) erst im April 2013 seine Aufgaben übernommen hat und zunächst abgewartet werden soll, wie sich die neuen Angebote des BGD auf die Bienengesundheit in der Schweiz auswirken. Alsdann wird geprüft werden, ob die Einführung einer solchen Verpflichtung sinnvoll wäre.

Aktuell zeigen neue Daten (etwa die COLOSS-Studie, welche unter Federführung der Universität Bern entstand), dass die Gesundheit der Bestäubungsinsekten europaweit (und auch in der Schweiz) erfreulich gut ist. Die Verlustraten im Winter 2013/2014 waren unerwartet tief und auch die Gesundheit der Bienenvölker war im vergangenen Jahr besser als erwartet[1]. Und all dies geschah, als die nun suspendierten Pflanzenschutzmittel noch im Einsatz standen – insbesondere auf den Raps-Kulturen, die zu den wichtigsten Nahrungsquellen der Honigbiene im Frühjahr zählt.

Entscheidend für eine gute Gesundheit der Bienenvölker in Europa wie auch der Schweiz scheint das ausreichende Nahrungsangebot über die gesamte Saison zu sein.

[1] Die durchschnittliche Verlustrate betrug im Winter 2013/2014 in 19 untersuchten Ländern 9% – die tiefste je gemessene Rate seit Beginn des Forschungsprojekts im Jahr 2007. Dabei variierten die Verluste von 6% in Norwegen bis 14% in Portugal. Zum Vergleich, die amerikanischen Behörden erachten eine durchschnittlichen Verlustrate von 15% für problemlos verkraftbar für die Bienenvölker.