Bio Suisse Delegiertenversammlung: Nein zur Trinkwasserinitiative
Wie stellen sich die Bio-Bauern zur am 13. Juni anstehenden Trinkwasser-Initiative? Der Vorstand von Bio Suisse hatte den Mitgleidern die Nein-Parole beantragt, und damit für heftige Kritik in den eigenen Reihen gesorgt. An der Delegiertenversammlung am 14. April 2021 folgte nun die deutliche Bestätigung des Parolenantrages mit grosser Mehrheit (73:20 Stimmen) durch die Mitglieder von Bio Suisse. Die Nein-Parole der Bio-Bauern ist eine herbe Enttäuschung für die Initianten des Volksbegehrens.
Die Bio-Landwirtschaft verspricht eine Landwirtschaft im Einklang mit der Natur, und eine besondere Berücksichtigung ökologischer Anliegen. Die Trinkwasser-Initiative, die am 13. Juni 2021 zur Abstimmung gelangt, möchte ebenfalls eine naturnahe Landwirtschaft, gesündere Lebensmittel und sauberes Trinkwasser. Daher war verbreitet angenommen worden, dass sich gerade die Bio-Bauern hinter diese Initiative stellen.
Als direkt Betroffene Landwirte haben auch die Bio-Bauern den Initiativtext sorgfältig studiert. Obwohl grosse Sympathien für die Anliegen der Initiative herrschen, wurde deutlich, dass die vorgeschlagene Änderung der Bundesverfassung grosse Probleme mit sich bringen würde. Wenn Bauern weiterhin Direktzahlungen – ein wichtiger Einkommensbestandteil für viele Landwirte – beziehen wollen, dürften sie kein Futter für die Ernährung ihrer Tiere zukaufen, sondern müssten alles vollständig selber auf ihrem Hof produzieren. Das würde das Aus z. B. für die Produktion von Bio-Poulets in der Schweiz bedeuten. Kaum ein Landwirt kann sämtliche Futtermittel selber herstellen. Selbst ein gelegentlicher Zukauf von etwas Heu vom Nachbarn wäre künftig verboten.
Die Trinkwasser-Initiative verlangt ebenfalls eine Streichung der Direktzahlungen für Betriebe, die keine «pestizidfreie Produktion» garantieren. Pflanzenschutzmittel zählen zusammen mit den Bioziden (z. B. Rattengift, Desinfektionsmittel) zu diesen Pestiziden. Sie spielen sowohl in der konventionellen Landwirtschaft als auch in der Bio-Landwirtschaft eine wichtige Rolle dabei, die Kulturen, die Erträge und die Qualität der Produkte zu sichern. So enthält die Betriebsmittel-Liste des FiBL eine lange Liste der im Bio-Landbau zugelassenen Pflanzenschutzmittel. Darunter befinden sich auch ökologisch problematische Substanzen mit Risikopotenzial für die Umwelt, die einen sehr sorgfältige Umgang verlangen. Auch hier wäre ein Total-Verzicht für die meisten Landwirte kaum praktikabel. Die Bio Suisse Delegierten erkannten, dass sie sich mit einer Unterstützung der Trinkwasser-Initiative sowohl ins eigene Fleisch schneiden würden, als auch ihre konventionell produzierenden Kollegen vor grosse Probleme stellen würden.
Ein weiterer Beweggrund war die Befürchtung, dass die Annahme der Trinkwasser-Initiative viele Landwirte dazu bringen könnte, von sich aus auf Direktzahlungen und die daran geknüpften Auflagen für eine ökologische Wirtschaftsweise zu verzichten und zu einer intensiveren Produktion überzugehen. Die Initiative könnte so unter dem Strich nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben, der Schuss würde nach hinten gehen. Dass dies durchaus möglich ist, hatte bereits 2019 eine Studie der Berner Fachhochschule / Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL gezeigt.
Nach einer engagierten und teilweise kontroversen Diskussion kam es dann zu der deutlichen Ablehnung der Trinkwasser-Initiative durch die Bio Suisse Delegiertenversammlung. Bereits im November 2020 hatte die Bio Suisse Delegiertenversammlung (mit deutlichem Mehr die Ja-Parole zur Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» beschlossen. Von dieser sind Bio-Landwirte weniger direkt betroffen.
Weitere Informationen
- Nein zur Trinkwasser-Initiative, Bio Suisse News, 14.04.2021
- Ausgerechnet! Bio Suisse sagt Nein zur Trinkwasser-Initiative, SRF News, 14.04.2021
- Bio Suisse sagt klar Nein zur Trinkwasser-Initiative, Schweizer Bauer, 14.04.2021
- Betriebsmittelliste 2021 für den biologischen Landbau in der Schweiz, Forschungsinstitut für den biologischen Landbau FiBL, 2021